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Patin Marie-Luise Albrecht

Als Lesepatin in der Drei-Religionen-Schule in Osnabrück hilft Marie-Luise Albrecht (76) Grundschulkindern, die Schwierigkeiten mit dem Lesen haben. Ob die Kinder aus einer Familie mit Migrationsgeschichte stammen, spielt dabei keine Rolle. Die Schule hat ein besonderes pädagogisches und religiöses Konzept und bietet jüdischen, muslimischen und christlichen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, gemeinsam zu lernen.

Seit wann engagieren Sie sich als Lesepatin?

Marie-Luise Albrecht: Zum Beginn des Schuljahres 2022 bin zu den Kindern gekommen und seither geblieben. Heute sind sie in der 3. Klasse. Die Schülerschaft ist gemischt, manche mit Migrationshintergrund, manche ohne. Aber alle sprechen sehr gut Deutsch, selbst einige Flüchtlingskinder, bei denen zu Hause in der Familie, soweit ich weiß, überhaupt kein Deutsch gesprochen wird. Schwierigkeiten mit dem Sprechen haben nur zwei Schüler, die erst kürzlich aus der Ukraine gekommen sind.

 

Wie häufig sind Sie in der Klasse?

Ich komme an einem Tag in der Woche um 14.00 Uhr in die Klasse. Es handelt sich um eine Ganztagsschule. Die Kinder haben dann gerade ihre Mittagspause beendet und müssen Hausaufgaben machen. Erst einmal helfe ich ihnen bei den Aufgaben in Deutsch und Mathe. Anschließend kümmere ich mich um die fünf bis sechs Kinder mit einer Leseschwäche.

Jeder darf sich einen Text aussuchen und liest ihn mir vor.
Ich versuche dann, ganz individuelle Hilfestellung zu geben.

Wie helfen Sie diesen Kindern genau?

Die Klassenlehrerin weist mich auf diejenigen Kinder hin, die Probleme mit dem Lesen haben. Mit ihnen setze mich dann einzeln hin. Jeder darf sich einen Text aussuchen und liest ihn mir vor. Manche Kinder haben bei einzelnen Worten Schwierigkeiten und bringen die Buchstaben durcheinander. Andere lesen über Punkte und Kommas einfach hinweg, ohne Pausen zu machen. Ich versuche dann, ganz individuelle Hilfestellung zu geben. Da um 16.00 Uhr Schulschluss ist, bleiben leider abzüglich der Hausaufgaben für jedes einzelne Kind vielleicht nur 20 Minuten. Das ist natürlich zu wenig. Ich würde auch gerne zweimal pro Woche kommen.

 

Wie kommt Ihre Förderung bei den Kindern an?

Die Kinder sind alle lieb und nett. Wenn ich nachmittags komme, sind sie total niedlich, ein kleines Mädchen umarmt mich immer zur Begrüßung. Natürlich gibt es auch einige, die stur sind und es nicht annehmen, wenn man sie korrigiert. Aber insgesamt machen sie sehr gut mit und profitieren, glaube ich, auch von diesem intensiven gemeinsamen Lesen.

 

Haben Sie besondere traurige oder schöne Erlebnisse mit den Kindern gemacht?

Dass die Kinder etwas belasten würde oder ob sie traumatische Erlebnisse hatten, bekomme ich so, auch in der Kürze der Zeit, nicht mit. Ein sehr schönes Erlebnis war, als mir die Kinder zum Schuljahresschluss ein kleines Buch geschenkt und alle darin unterschrieben haben. Das hat mich wirklich gerührt.

Zum Schuljahresschluss haben mir die Kinder
ein kleines Buch geschenkt und alle darin unterschrieben.
Das hat mich wirklich gerührt.

Was ist Ihre persönliche Motivation, als Patin tätig zu sein?

Ich will eine Aufgabe haben, will etwas Sinnvolles tun. Und die Arbeit mit Kindern macht einfach Spaß. Man taucht in eine ganz andere Welt ein und fragt sich, wie man selbst früher eigentlich so war. Das hält jung.

Die Arbeit mit Kindern macht einfach Spaß. Man taucht in eine andere Welt ein, fragt sich, wie man selbst früher war. Das hält jung.“

Wie sind Sie an die Drei-Religionen-Schule gekommen?

Das lief über eine Freundin, die schon vor längerer Zeit aus der Ukraine gekommen ist und die inzwischen, vermittelt von der Caritas, in der Domschule Osnabrück Deutschunterricht für Geflüchtete gibt. Sie stellte für mich einen Kontakt zur Caritas her und die vermittelte mich dann an die Drei-Religionen-Schule.

 

Bei der Caritas haben Sie inzwischen auch Fortbildungen gemacht, richtig?

Ja, ich habe Workshops über Rassismus und Kindeswohlgefährdung belegt, einfach weil mich das interessiert hat. Mit meiner Arbeit als Lesepatin hat das nichts zu tun. Ich bin noch nie mit Kindesmissbrauch konfrontiert worden.

 

Sie sind 76 Jahre alt und wahrscheinlich in Rente, oder?

Eigentlich ja. Bis ich 72 war, habe ich in der Verwaltung eines Pflegedienstes gearbeitet. Und noch heute helfe ich gelegentlich meinem Mann in seinem Büro aus, der jünger als ich und noch voll berufstätig ist. Daneben wollte ich aber auch noch etwas Sinnvolles zu tun haben.

 

Wie lange werden Sie noch als Lesepatin weitermachen?

So bald möchte ich noch nicht aufhören. Gerne will ich die Kinder auch noch in der 4. Klasse begleiten. Sollte das nicht möglich sein, würde ich die Schulleitung bitten, mir eine andere Klasse zu geben.

Außerschulische Lernförderung für zugewanderte Kinder und Jugendliche, Patenschaftsprogramm „Menschen stärken Menschen“ des Caritasverbandes für die Stadt und den Landkreis Osnabrück.

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